FRASER, Georg

SÜDBAHNHOTEL

Die frischvermählte Marietta ist mit ihrem Angetrauten, dem berühmten Sänger Otto Ewald, auf Hochzeitsreise im Südbahnhotel am Semmering. Die Wahl des Aufenthaltsortes ist kein Zufall. Marietta hat just im selben Zimmer die schönsten Stunden mit ihrem ersten Ehemann, Dr. Werner Alexis- Müller verbracht. Die Ehe wurde zwei Jahre zuvor wegen eines Seitensprunges des umschwärmten Arztes mit einer Medizinstudentin geschieden. Alles in dieser malerischen Umgebung erinnert Marietta an die glückliche Zeit mit dem Verflossenen, vom Bett bis zur abgerissenen Vorhangquaste.

Ewald, der sämtliche Klischees des eitlen, in sich selbstverliebten Tenors in sich vereint, wittert einen Zusammenhang zwischen seinem Vorgänger und der noblen Suite. Mit theatralischen Eifersuchtsattacken quält er die junge Frau so lange, bis sie sich in einen hysterischen Ohnmachtsanfall flüchtet. Der Hotelarzt, der eilends zu Hilfe gerufen wird, ist- wie könnte es anders sein- ihr untreuer Exmann.

Werner ist natürlich immer noch in Marietta verliebt und versucht mit allen Mitteln, die bevorstehende Hochzeitsnacht mit seinem ehelichen Nachfolger zu verhindern. Seine Diagnose ist niederschmetternd. Der besorgte Sänger muss erfahren, dass seine Frau an einer neurasthenischen Schizophrenie leide, einer schweren Nervenkrankheit, welche durch die Erinnerung an gewisse Orte und Menschen aus der Vergangenheit, zu qualvollen Zwangsvorstellungen führe. Die einzige Heilung vor den immer wieder kehrenden Bildern der damaligen Hochzeitsreise und erstem Ehemann, sei strengste Ruhe für die Patientin. Unter Herbeiziehung einer indischen Sage, welche Keuschheit nach der Vermählung vorsähe, rät er dem Künstler, auch im Interesse seiner eigenen Gesundheit und der Erhaltung seiner einzigartigen Stimme, dringlich von den Strapazen der kommenden Hochzeitsnacht ab. Um Marietta den Wind aus den Segeln zu nehmen, bereitet er Ewald auf eventuelle Visionen der Patientin vor. Sie würde aller Wahrscheinlichkeit nach in jedem männlichen Wesen ihren Exmann sehen, so zum Beispiel im Zimmerkellner, oder gar in ihm selbst, dem Arzt.

Marietta durchschaut natürlich das geschickte Spiel. Ihr hilfloses Toben erfüllt genau die Voraussage des “tüchtigen” Arztes, dessen medizinischer Rat von Ewald genau befolgt wird. Mit aller durch die körperliche Abstinenz aufgesparten Kraft widmet er sich der Einstudierung neuer Opernarien. Begleitet wird er von der hübschen Korrepetitorin Stella, die ganz zufällig im Südbahnhotel weilt. Die begabte Dame spezialisiert sich immer auf den Beruf der von ihr angestrebten Männer, von der Medizin bis zur Musik. Ihr beachtliches Fachwissen, gepaart mit naiver Bewunderung für ihre aktuellen Opfer, scheint auch diesmal Erfolg zu versprechen. Marietta muss schon wieder um ihrem Ehemann bangen, denn Stella entpuppt sich als Scheidungsgrund Nr. 1, die ehrgeizige Medizinstudentin von damals. Ein Zimmermädchen und die abgerissene Hotelquaste bringen schließlich die Wahrheit über Werners eigennützige Diagnose ans Tageslicht. Doch zur Hochzeitsnacht soll es trotzdem nicht mehr kommen. Ein Anruf aus Hollywood verhindert das gar nicht mehr so heiß ersehnte Ereignis endgültig. Ewald denkt nur noch an seine Übersiedlung nach Amerika, bei der ihn Marietta nicht mehr begleiten wird. Sie lässt sich nach einer Aussprache mit Stella beinahe von Werners Unschuld überzeugen und landet, von allen Krankheiten geheilt, wieder in den Armen ihres ersten Mannes...

4 D    7 H

Sprechtheater - Schauspiel

Dekorationen: 1

Werkangaben: LUSTSPIEL IN DREI AKTEN