Heute, in einem Jahr, würde Friedrich Cerha seinen 100. Geburtstag feiern. Cerha zählt zu den wichtigsten Vertretern der neuen Musik, ein Jahrhundertkomponist, der über viele Jahrzehnte die Musikwelt entscheidend prägte. Anlässlich des kommenden Jubiläums wollen wir in diesem Newsletter die Opern „Onkel Präsident“ und „Der Riese vom Steinfeld“ vorstellen. Wir sind froh und stolz diese beiden zentralen Werke aus der späten, aber nicht minder rebellischen Schaffensperiode Cerhas im Thomas Sessler Verlag vertreten zu dürfen.
Der Riese vom Steinfeld
Friedrich Cerha wollte nach seinen beiden aufsehenerregenden, aber persönlich kräftezehrenden Opern „Baal“ und „Der Rattenfänger“ keine weitere Oper schreiben. Das Libretto von Peter Turrini, das ihm von der Wiener Staatsoper angeboten wurde, ließ ihn jedoch nicht mehr los, sodass er den Auftrag schließlich annahm.
Der Riese vom Steinfeld ist eine Geschichte, die sich im 19. Jahrhundert im Salzburgischen zugetragen hat. Ein junger Bursche hört nicht mehr auf zu wachsen, er wird verspottet und aus dem Knabenchor geworfen. Der listige Schneider des Dorfes macht ihn mit seinen zweieinhalb Metern Körpergröße zur Attraktion aller europäischer Fürstenhöfe von Berlin bis London. Nach zwei Jahren kommt der Riese ins Dorf zurück und stirbt mit 27 Jahren an einer Lungenentzündung. Der ehemals Vertriebene wird als Puppe in Originalgröße nachgebaut, ans Wirthaus genagelt und als Fremdenverkehrsattraktion vermarktet.
„Etwas Außerordentliches ist dem Komponisten Friedrich Cerha da gelungen: mit einer Partitur, deren Kompliziertheit die Sänger während der Proben in die Verzweiflung trieb, das Äußerste an Expressivität und Schönheit … zu erzeugen. Das Ergebnis ist ein bedeutendes Stück musikalischer Spätromantik, dessen Traurigkeit ans Herz greift …“ (NEWS)
Besetzung: KolS, MezzoS, A, 2 KnabenS, 7 T, 5 Bar, 5 B, Bbar, 3 Spr, Ch, gem.Ch, KnabenCh - 2/2/2, BKlar/2, KFg, SSax - 4/3/3/1 - 8 Perc, Hf, Akk - Str - EOrg
Onkel Präsident
Die letzte Oper Cerhas war ein Auftrag des Staatstheaters am Gärtnerplatz in Koproduktion mit der Volksoper Wien und feierte ihre umjubelte Uraufführung im Sommer 2013. Das Libretto stammt von Peter Wolf und Friedrich Cerha, frei nach dem Bühnenstück „Eins, zwei, drei“ von Ferenc Molnár. Cerha nannte die Oper eine „musikalische Farce“, eine mutige Wiederbelebung der lange Zeit vernachlässigten Gattung der komischen Oper.
Der Präsident, allmächtiger Chef eines Stahlkonzerns, zieht die Fäden, um einen präsentablen Ehemann für die Millionenerbin Melody Moneymaker zu „erfinden“ und verwandelt den Fahrradboten Pepi Powolny in einen Spitzenmanager mit Adelsprädikat. Eingerahmt wird die turbulente Handlung von der Zwiesprache des Präsidenten mit einem bejahrten Komponisten über Sinn und Unsinn der Oper.
„Wer sagt denn da noch, dass zeitgenössische Oper sperrig, spröde, kopflastig oder konstruiert sein muss? ... So federleicht, klug, lustig, tiefsinnig, (selbst-)ironisch und voller Zitate ist diese musikalische Farce in einem Vorspiel, einem Akt und Epilog, dass es eine Freude ist. Oper heute, hörbar, hintersinnig – das ist möglich.“ (Kurier)
Besetzung: 2 S, MezzoS, 2 A, 6 T, 3 B, 6 Bar - 1, Picc/1/2/2, ASax - 2/2/2/0 - Pk, 2 Perc, Hf, Mand - 10/8/6/5/3