BABYLONISCHE JUNGFRAU
Lust und Frust einer jungen Fürstin zwischen Fronten und Freiern.
Hektik im frühsommerlichen Babylon, der Residenz eines fiktiven Assyrien um 1900: Das Parlament geht auf Urlaub, die Nation stürzt sich ins alljährliche Fest der Liebesgöttin, das „wie die deutsche Weihnacht“ allen zu Herzen geht und vom Reichsobereunuchen ergreifend eröffnet wird; jetzt ist die Saison für Sextouristen und als solche getarnte Spione, daher auch für vermehrte Razzien und Festnahmen in Tempeln und Parks.
Semiramis, die legere Landesmutter, erst 18 und das Entzücken des Reichs, sieht sich zunehmend von Prinzen und Glücksrittern vieler Länder umworben wie auch von Senat und Regierung zu baldiger Heirat gedrängt. Außerdem wird das Reich von „barbarischen Schotten“ bedroht, die auf englischen Druck Indien räumen mussten, und Babylon durch die Schuld eines unfähigen, lüsternen Feldherrn sogar erobert.
Unter den Freiern, die nun eilig packen, da hier nichts mehr zu holen scheint, ist auch der aussichtsreichste Bewerber, Prinz einer exotischen Monarchie Ssilissien, die „irgendwo am tschechischen Ozean“ liegt, wo „nah dem Weltrand weltferne Leute wohnen“, und der Schlager ‚Wien, Wien, nur du allein‘ als Landeshymne gilt. Obwohl diesen Prinzen sogar gleiche Ansichten über die Polizei und Bolschewismus mit der Fürstin verbinden, kann er als Thronfolger eines Reichs voller Schulden und Krisen nur „in ein gutfundiertes Unternehmen einheiraten“, weshalb er nach Babylons Fall sofort aus die reiche Königin von Saba umdisponiert, die in Wien ohnehin schon sondieren lässt. Daneben rettet er noch eine hohe Tempelbeamtin, die wegen der militärischen Schlappe Baal geopfert werden soll, vor dem Feuertod, indem er sie „für die assyrische Korrespondenz“ nach Wien mitnimmt – man bleibt ja immerhin in Verbindung.
Semiramis und der Schottenprinz aber, gestern noch als verhörter Spion in Ketten vor ihr, doch für sie schon vom ersten Blick an „ein junger Gott“, bauen sich gegenseitig zum bejubelten Traumpaar auf, das für eine Weile sogar Völkerversöhnung zwischen Assyrern und Schotten verspricht, zumal der glücklose Operettenfeldherr ausgerechnet vom Exoten aus Wien noch zum Abschied in Notwehr erschossen wird.
Nur die „Heilung“ des Obereunuchen, vom jüdischen Wiener Gesandten so lebhaft verheißen, misslingt total: „Bischöflichen Gnaden“ bleibt es – natürlich zum Besten des Reichs – wohl zeitlebens versagt, seine Kräfte „an private Vergnügungen zu vertrödeln“.
Ironische Verflechtung exotischer, kakanischer und antiker Elemente, zupackende Komik und rasches Tempo in Handlung und Dialog, der, überaus lebendig und pointenreich, fast immer mehr meint, als er sagt; alles getragen von satten Figuren, die einander nichts schenken, allen voran Semiramis.
4 D 12 H
Sprechtheater - Schauspiel
Besetzungshinweis: Statisten und Kinder
Dekorationen: 5 Schauplätze in konstanter Grunddekoration
Werkangaben: Ein lustiges Stück in 4 Akten