LAZAR, Maria

DER BLINDE PASSAGIER

Ein Schauspiel

Maria Lazar schrieb dieses Theaterstück 1938/39 in den letzten Jahren im dänischen Exil, als sie mit Helene Weigel und Bertolt Brecht zusammenlebte. Kein Theater in Kopenhagen wagte es damals den Text aufzuführen, zu provokant stellte Lazar die Frage nach menschlicher und politischer Verantwortung.

Das Stück spielt auf einem dänischen Paketboot, das an deutschen Häfen Geschäfte abwickelt. In die politischen Verhältnisse will man sich nicht einmischen, auch wenn man hautnah miterleben muss, wie ein Mann von einem Mob durch die Straßen gejagt wird und sich nur durch einen Sprung ins Wasser retten kann. Wahrscheinlich irgendein Verbrecher. Im kalten Wasser wird er nicht lange überleben.

Doch der Mann ist nicht tot.

Carl, der junge Sohn des Kapitäns, hat ihn aus dem Wasser gerettet und versteckt ihn im Frachtraum des Schiffes. Carls Schwester Nina kommt ihm als erste auf die Schliche, verspricht Stillschweigen und nähert sich dem Fremden an. Aber die „gefährliche Fracht“ lässt sich auch vor den anderen, dem notorisch misstrauischen Verlobten Ninas und dem alten, pflichtbewussten Kapitän, nicht lange geheimhalten.

Wie verhält man sich nun, wo man Stellung beziehen muss? Ist dieser Mann, ein jüdischer Arzt, wirklich so unschuldig wie er sich gibt? Macht man sich nicht eines Verbrechens schuldig, wenn man ihn heimlich und unter Lebensgefahr über die Grenze schmuggelt? Wird man dem Fremden überhaupt Asyl gewähren, wenn sie den dänischen Hafen erreicht haben?

„Der blinde Passagier“ ist ein psychologisch dichtes Drama, das die politischen Verhältnisse jener Zeit wie unter einem Brennglas verdichtet. Die Fragen nach individueller und kollektiver Verantwortung, die Lazar hier aufwirft, haben bis heute nichts an ihrer Schlagkraft eingebüẞt.

2 D    3 H

Sprechtheater - Schauspiel

Uraufführung: Frei zur UA