NICOLAJ, Aldo

DIE GENERALPROBE

Alfonso ist einer vom alten Schlag: verlässlich, solide, strebsam und fleißig. Er hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt und blickt stolz auf eine erfolgreiche berufliche Laufbahn zurück. Nur ein einziges Mal musste er wegen eines lächerlichen Betriebsunfalls seine brillante Karriere unterbrechen. Die elf Jahre im Knast nach dem letzten großen Raubüberfall waren eine harte Zeit für die alleinerziehende Mutter Margherita. Die lange Abwesenheit des Vaters hat der Entwicklung des kleinen Giorgio nicht gutgetan. Dabei hat er schon als Zwölfjähriger seine erste Handtasche nach Hause gebracht. Dass er dabei die alte Frau, der sie gehörte, unter die Straßenbahn geschubst hat, fällt unter Anfängerpech. Leider sind ihm diese kleinen Pannen in Folge seines cholerischen Gemüts geblieben. Aber schließlich ist dem Papá auch schon der eine oder andere Ausrutscher passiert: Die Amme etwa, die sich gar nicht gewehrt hat und lieber unter'm Kissen auf ihrem Gesicht erstickt ist.

Nach Alfonsos Rückkehr aus dem „Krankenstand im Gitterbett“ war ja nichts mehr wie früher. In Folge der Beinverletzung bei besagtem missglückten Coup muss er mit seiner Prothese kürzertreten. Kleine Taschendiebstähle, mehr ist nicht drin. Giorgio ist zwar inzwischen ganz in die Fußstapfen des Vaters getreten, aber der Junior muss noch viel lernen.Viel zu unkontrolliert, befindet der Senior. Fehlender Idealismus für den Beruf, beklagt die Mutter. Dementsprechend mager sind die Ergebnisse. Und das Leben ist hart: Der Hauptverdiener ist ausgefallen. Keine Invalidenrente, keine Pension - von einer Krankenversicherung ganz zu schweigen - und das, was Margherita von ihren kleinen Einkaufsbummeln heimbringt, bessert den Lebensunterhalt der Familie nur bescheiden auf.

Da muss ein ganz großes Ding gedreht werden. Und es ist bereits im Gange. Giorgio ist zu seiner ersten Entführung aufgebrochen. Die millionenschwere Tochter des Konservenfabrikanten Poderito soll das Opfer sein. Die besorgten Eltern zittern. Wird der Junge alles richtigmachen? Alfonso ist skeptisch, Margherita schwört auf das positive Horoskop und Luisa hat ihrem Verlobten den Hl. Antonius als Talisman mitgegeben. Da kann ja nichts schiefgehen. Oder doch?

Alle warten bange auf Giorgios Rückkehr mit der betäubten Poderito-Erbin. Doch wo bleibt er? Luisa flennt. Sicher wird der Wüstling die reiche Tussi begrapschen. Der einzige, der in der Tür steht, ist der lästige Nachbar, der auf den Nerven der Familie herumtanzt und nur mit Mühe aus der Wohnung zu kriegen ist. Endlich kommt Giorgio. Mit der schwankenden Vilda im Arm. Eine entzückende Frau und die ideale Entführte. Doch leider die falsche. Deshalb reagieren die Poderitos nicht auf die Lösegeldforderungen. Und im Fernsehen wird auch nichts gebracht. Schade, jetzt müssen sie die sympathische Vilda umbringen. Doch bevor sie sich einig werden - wie, stört schon wieder der Nachbar und gibt unmissverständlich zu verstehen, dass das vermeintliche Opfer und er nicht zufällig hier sind. Porca miseria! Wer ist hier eigentlich Opfer, und wer ist Täter?

3 D    3 H

Sprechtheater - Komödie

Übersetzung: Susanne Germano, Friedrich Kallina

Originaltitel: La Prova Generale