HARTUNG, Wolfgang

FRAGMENTE

nach den "Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus" von Christine Lavant.

In der Ich-Person, Christine, kristallisiert sich dieser Grenzgang auf Messers Schneide besonders deutlich heraus. Dies wird durch ihre eigenen tiefen Einblicke und Einsichten hervorgehoben. Die Aufzeichnungen sind eine Mischung aus Bericht und Analyse und Ich-Erzählung. Sie holen den Leser zu sich in die Anstalt herein. Christines Wahrnehmung und Darstellung erweisen darüber hinaus die Nichtigkeit, die in der Zelebration sozialer Unterschiede und Bildungsstände liegt. Herrschen, Beherrschtsein, Aufbegehren, Unterwerfung und Demütigung in der Welt "draußen" finden in der Anstalt ihre extreme Verdichtung.

Es besteht eine deutliche Hierarchie der Patientinnen: DIE KÖNIGIN ist "Chefin" der 3. Klasse-Patienten, BAUMERL "Chefin" der 2. Klasse-Patienen, DIE MAJORIN, eine kultivierte Dame, aber dem Irrsinn verfallen, CONTESSA, ein "adeliger" Vamp der 20er Jahre; VON RAUSCHENBACH, eine manierierte Dame der besseren Gesellschaft, und dann gibt es noch MAGDALENA, die sich vor Verzweiflung wund kratzt, AGNES, die in sich zusammenfällt, wenn ihr die Mauer keinen Halt gebietet, BERTA, alt und zahnlos, die Musik und Tanz liebt, und schließlich RENATE, von Christine geliebt und CHRISTINE selbst.

Es entwickeln sich ganz schnell heftige Emotionen, deutliche Dominanzen und Unterwerfungsrituale. Das alles fällt so schnell in sich zusammen wie es sich aufbaut. Der Kontakt mit der Realität kann nur mehr über den ARZT gehen. Er ist das Tor zur Freiheit, er hat die Schlüsselgewalt.

10 D    4 H

Sprechtheater - Schauspiel

Dekorationen: 1