HAMLET IN UNTERSCHLAMMDORF
Es war einmal ein Dorf in Dalmatien, mit Namen Unterschlammdorf (Mrdusa Donja). Es gab dort eine Bauerngenossenschaft und eine örtliche Gruppe des Nationalen Volksfrontaktivs, denn die sozialistischen Bestrebungen hatten sich in den fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts in dem Dorf rasch durchgesetzt. Die Gruppe der Aktivisten stand unter dem Vorsitz einer gewichtigen Persönlichkeit, eines äußert despotischen Mannes mit rauen Manieren und eisernen Grundsätzen. Sein Name war Mate Bukaritza, kurz genannt Bukara. Er war gefürchtet, und soweit es unumgänglich war, zollte man ihm Respekt und Gehorsam.
Eines Tages beschlossen die Dorfbewohner, vertreten durch Mitglieder der Genossenschaft und vor allem des Volksfrontaktivs, in Unterschlammdorf einen Beitrag zur Förderung des kulturellen Niveaus der Bevölkerung zu leisten und zu diesem Zweck ein Theaterstück in Szene zu setzen. Ein Mann aus Unterschlammdorf hatte einst in der Stadt HAMLET auf der Bühne gesehen und er erzählte den Dorfbewohnern die Geschichte. Sie waren davon so begeistert, dass sie beschlossen, dieses Stück aufzuführen. Die Proben begannen. Nun stellte sich heraus, dass es in diesem Stück um einen König ging, um eine Königin, um einen Prinzen, um ein Schloss, um Mord und Verrat und um eine Reihe von anderen Dingen, die alle undenkbar waren für aufrichtige Demokraten, die eine freie, sozialistische Gesellschaft aufbauen wollten. HAMLET, so lautete die Weisung, muss umgeschrieben werden in eine allgemein verständliche Sprache, in volkstümliche Verse, die auch gesungen werden können. Mehr noch, die Handlung muss gesäubert werden und den Verhältnissen angepasst sein, die man in etwa auch in Unterschlammdorf kennt.
2 D 6 H
Sprechtheater - Schauspiel
Übersetzung: Dor, Milo
Dekorationen: 1
Werkangaben: Groteske Tragödie in 5 Bildern