FRANZOBEL, -

HAMLET ODER WAS IST HIER DIE FRAGE

In dieser Version ist Hamlet nicht der Prinz von Dänemark, der seines Vaters beraubt wird und sich in seinem Rang als Thronfolger bedrängt sieht. Nein, dieser Hamlet heißt eigentlich Herbert und ist der Sprössling einer wohlsituierten Wiener Kunsthändlerdynastie, den Auer-Weißblech-Mosts. Auch wenn deren Familienverhältnisse nicht viel mit jenen der dänischen Krone gemein haben, drehen sich die Intrigen in der Wiener Schickeria um nichts anderes als Macht, Geld und – natürlich – Liebe. So mag manch eine Ausführung einer bösen Absicht übertrieben dilettantische Züge annehmen, sodass das ‚Drama‘ nur so von Lächerlichkeiten wimmelt. Aber vielleicht legt Franzobel mit seiner Fassung bloß die Absurdität offen, die bereits im Urstoff die Beweggründe liefert für so viel Habsucht, Mord und Totschlag?

Franzobel schafft es, den Staub, der auf den alten klassischen Dramen liegt, wegzublasen und Tragik in pure Komik zu verwandeln. So wird die furchtbar dramatische Geschichte des Hamlet in ein Wiener Volksstück verwandelt, das zum Todlachen ist!

Shakespeares Tragödien in Komödien umzuwidmen ist ein reizvolles Unterfangen. Man kann mit den edlen Blankversen beispielsweise eines  Hamlet endlich so richtig Schlitten fahren – ganz im Sinne der Anforderungen des hiesigen Sommertheaters. Für das Wiener Lustspielhaus hat Franzobel das Drama um den Dänenprinzen dementsprechend umgedichtet. In Adi Hirschals Regie heben haarsträubend proletarisierte Figuren einen deftigen Abend aus der Taufe: Hamlet oder Was ist hier die Frage?. Franzobel ergreift lautmalerisch, reimtechnisch und kalauernd die Flucht nach vorn; und das nennt man eine richtige Entscheidung. (Der Standard, Margarete Affenzeller)

2 D    6 H

Sprechtheater - Komödie

Uraufführung: 16.07.2015, Wiener Lustspielhaus