BOESER, Knut

JOSEPH II ODER DAS ENDE DER UNSTERBLICHKEIT

Joseph II., römisch-deutscher Kaiser und „gekrönter Revolutionär“, der mit absolutistischer Allüre die Träume der Aufklärung in einem Einheitsstaat durchsetzen wollte (um die Revolution zu verhindern), befindet sich auf seinem unglücklichen Türkenfeldzug in der tiefen Provinz, Brielitz, Herbst 1789. Seine Truppen lösen sich auf, Joseph sucht Zuflucht bei einem Provinzfeudalen, wo er gerade eine der von ihm verbotenen heimlichen Herzjesumessen stört. Der Hausherr bietet alles auf, um den vom Volk wie vom Adel und Kirche gehassten Kaiser zu beschwichtigen, aber sein Knecht Hans Wurst, ein aus der Armee verstoßener „Jacobiner“, provoziert in einer improvisierten Theateraufführung den Kaiser, indem er dessen liberale Träume gegen die politische Wirklichkeit setzt: der josephinische Staat schafft nicht nur die „modernen“ Gefängnisse, Kliniken und Irrenanstalten, sondern produziert auch die moderne Kriminalität, die Krankheit und den Wahnsinn.

Mit dramaturgischem Einfallsreichtum versteht es Boeser, die historischen Konflikte der großen Politik in der lebendigen, familiären Szene zwischen Hans Wurst und Kaiser, Magd und Feudalherren auszutragen.

4 D    12 H

Sprechtheater - Komödie

Uraufführung: 14.06.1978, Schauspielhaus, Wien