ZEEMANN, Dorothea

ERBE

verzeih mir, dass ich als sieger wiederkomme. verzeih, dass ich euer opfer gewesen bin. verzeih mir, dass ich wiedergekommen bin.

Wien 1945. Ein Familienfest in Trümmern. Vor sieben Jahren wurde Otto geboren, vor sieben Jahren wurde der jüdische Arzt Alfons Adler deportiert, das Haus seines Vaters arisiert. Adler konnte aus dem Lager entkommen. Er floh in die USA und ging zur Armee. Jetzt, nach dem Krieg, ist er in sein Elternhaus zurückgekehrt. Hier lebt Hedwig Reitknecht, seine einstige Geliebte mit ihrem Sohn, ihrer Schwester, ihrem Vater, ihrem Mann und der jungen Irmgard. Die neuen Besitzer begegnen dem Besatzungssoldaten Adler mit Missgunst und offenem Hass. Hat man nicht schon genug gelitten? Alles verloren, nur das Leben behalten und die Last der Schuld aufgebürdet bekommen? Und nun will Adler wieder hier leben, womöglich noch das Haus zurück?

man sollte die alten leute, die sich politisch so sehr geirrt haben, wirklich mehr schonen. man kommt auf die welt und tut, was die andern tun. und mit einem mal soll das unrecht sein?

1955, zehn Jahre später. Ottos siebzehnter Geburtstag. Die Risse in den Mauern sind übertüncht, aber die Risse in der Familie treten offen zutage. Otto steht am Beginn einer Musiker-Karriere. Seine radikalen, zeitgenössischen Kompositionen sind der Familie ein Graus. Besonders der Großvater, der so große Hoffnungen in seinen Enkel setzte, kann und will ihn nicht mehr verstehen. Und wieder taucht unerwartet Alfons Adler auf.

ich gehöre zu euch. mich können sie nicht loswerden, weil …

1960, fünf weitere Jahre später. Während zwischen Alfons und Hedwig die alte Leidenschaft wieder aufflammt, versucht der alte Reitknecht in einem letzten Akt der Verzweiflung, die Kontrolle über seine Familie zurückzugewinnen. Ein Akt, der in seinem Tod endet.

ich hasse euch alle / weg weg weg mit euch / wie könnt ihr nur ohne hass leben

„Erbe“ von Dorothea Zeemann zeichnet schonungslos und in starken Farben ein Bild der Wiener Nachkriegsgesellschaft in drei Akten. 2023 jährt sich Zeemanns Todestag zum 30. Mal. Dies nimmt der Thomas Sessler Verlag zum Anlass zwei ihrer bisher unveröffentlichten Stücke aus dem Nachlass zu präsentieren. Am 11. April 2024 wurde „Erbe“ am Theater Nestroyhof / Hamakom in Wien uraufgeführt. „Eine gelungene Entdeckung.“ (Die Presse) „Die Uraufführung hat große Wucht.“ (Kurier) „Überzeugend ... Ein stimmiger Abend einer fast vergessenen Autorin.“ (Der Standard)

„Zu Zeemanns Verhalten gehört vor allem die Frechheit, Grenzen lustvoll zu überschreiten, im Denken, Schreiben und Handeln. Konvention und Habitus forderten sie stets heraus, und zwar insbesondere dort, wo die großen Reden oder das Stillschweigen und Stillstehen besonders ungerechte Folgen nach sich zog.“ (Sabine Zegler)

Siehe auch: Artikel von Sarah Wetzlmayer in DIE BÜHNE über „Erbe“ von Dorothea Zeemann

3 D    4 H

Sprechtheater - Schauspiel

Uraufführung: 11. April 2024, Theater Nestroyhof / Hamakom, Regie: Ingrid Lang

Dekorationen: 1 Dek